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In der Kolumne “Netzball” befassen wir uns in loser Folge mit Themen rund ums Tischtennis  – allerdings abseits von allen Ergebnissen, Auf- und Abstiegen, Quotienten und Ranglisten. Wir wollen einen Blick auf die amüsanten, seltsamen und kuriosen Seiten unseres Sports werfen.

In Folge 1 kümmern wir uns um das im bayerischen Amateur-Tischtennis bisher wissenschaftlich noch größtenteils unerforschte Thema “leistungssteigernde Mittel”.


Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass der US-amerikanische Leichtathlet LaShawn Merritt, Doppelweltmeister von Berlin 2009 über 400m und mit der Staffel, positiv auf Dehydroepiandrosteron getestet wurde – nach eigener Aussage gelangte die Substanz über ein Mittel in seinen Körper, welches zur Penisverlängerung verhelfen sollte. Nun wissen wir natürlich, dass kein Wasserburger Tischtennis-Spieler ein solches Mittel nötig hat, trotzdem wollen wir diese Meldung zum Anlass nehmen um  uns mit dem Thema leistungssteigernde Mittel  im Amateur-Tischtennis (böse Zungen würden auch von “Amateur-Doping” reden) zu beschäftigen.

In Bayern ja eigentlich mehr Grundnahrungsmittel denn Aufputschmittel (“Drei Halbe sind auch ein Schnitzel!”) muss diese Aufzählung trotzdem mit des bayerischen Tischtennisspielers Lieblingsgetränk beginnen: Bier. Ob es vor, während oder nach einzelnen Spielen konsumiert am meisten hilft muss natürlich jeder für sich entscheiden. Doch allgemein gesprochen ist die leistungssteigernde Wirkung wohl nicht zu leugnen – auch wenn eventuell nur der Glaube an die Wirkung Wirklichkeit ist. Genannt sein sollten aber doch die ein oder anderen Spezial-Techniken des Gerstensaftkonsums: Berühmt berüchtigt ist zum Beispiel die Vertuschungstaktik des Wasserburgers Stefan R., der sein Mittelchen umgefüllt in eine etwas alberne Thermosflasche bei sich trägt um den Gegner Glauben zu machen, er stärke sich mit einer seltenen Teesorte aus Osttibet. Ganz anders hingegen der bekannte Soyener Konrad S.: Er gönnt sich das flüssige Gold meist direkt nach seinem ersten Einzel als Schiedsrichter. Die Pulle in der einen, die Zählmaschine in der anderen Hand und gerne ohne T-Shirt steht er am Tisch und beeindruckt den Gegner allein durch seine  bloße Erscheinung, ist doch der langjährige Konsum dieses Mittels unverkennbar. Dies offenbart auch die durchaus psychologische Wirkung welche die Einnahme von Dopingmitteln beim Gegner hervorruft.

Ein weiteres beliebtes Mittel aus der Welt der Nahrungsmittel ist natürlich die Udo-Laube-Gedächtnis-Banane. Konsumiert meist zwischen zwei Sätzen oder in kleinen Bissen während einer Auszeit bei 8:9 im Entscheidungssatz, soll sie dem Körper schnell Zucker zuführen und somit die letzten Reserven freilegen. Die Frage sei allerdings erlaubt, ob dies mit Traubenzucker nicht besser zu schaffen wäre, gerade angesichts der verstopfenden Wirkung welche Bananen im Allgemeinen zugeschrieben wird, und die dem ein oder anderen schon so manchen fröhlichen Wirtbesuch nach dem Spiel etwas verleidet hat.

Häufig verwendet wird auch die Zigarette vor und zwischen den Spielen. Sie wird strategisch meist so eingesetzt, dass man erstens möglichst wenige Spiele zählen muss. Zweitens wird von amerikanischen Forschern vermutet, dass beim Ausatmen von Rauch die Asche- und Teerpartikel dem leichten Tischtennisball eine zusätzliche Schwere verleihen. Dies führt laut neuesten Studien dazu, dass die so beschwerten Bälle kurz hinter dem Netz krachend einschlagen und somit die Raucher unter den Amateursportlern klar bevorzugen.

Das stoische Bearbeiten eines Kaugummis hingegen gehört mehr in die Region der konzentrationssteigernden und meditativen Hilfsmittel, die zur totalen Fixierung auf das Geschehen an der Platte verhelfen sollen. Ins Reich der Legenden gehört wohl das Gerücht, dass manche Spieler davon ab und an heimlich ein Stückchen auf Schläger oder gar Handfläche befördern um die Griffigkeit des Belages zu erhöhen oder ein verstärktes, leicht klebriges  Gefühl für den Schläger zu erhalten.

Ganz anders sieht es da schon beim Frischkleben aus. Dies wird tatsächlich praktiziert, und zwar mit offensichtlicher Wirkung. Der viel beschworene Katapult-Effekt ist zwar in Wahrheit wohl eine bloße Marketing-Erfindung der beteiligten Kleberhersteller. Tatsächlich verursachen die beim Frischkleben eingeatmeten Dämpfe aber einen rauscharteigen Zustand in dem der Spieler Bälle trifft, die gewöhnlich an der gegenübenliegenden Wand in zwei Metern Höhe einschlagen würden. Kein Wunder also, dass der Verband diese Form des Dopings in geschlossenen Räumen verboten hat.

Ähnliche Effekte wie beim Frischkleben werden bekanntlicherweise auch beim Schnuppern an kaputten Tischtennisbällen ausgelöst. Der leicht pfefferminzige Geruch soll nach eingehenden Untersuchungen ebenfalls stimulierend und leistungssteigernd wirken. Vielleicht liegt hierin auch der Grund für den in jedem Training beobachtbaren Ball-Schwund?

Wie dem auch sei, das Zuhilfenehmen von Mittelchen aller Art ist jedenfalls weit verbreitet in unseren Gefilden, auch wenn die ganz professionellen Möglichkeiten – Stichwort: Eigenbluttransfusionen – (noch) nicht verfügbar sind, und auch Fremdbluttransfusionen bleiben im Kreis Rosenheim weiterhin Vampiren, Ärzten und dem Roten Kreuz vorbehalten. Gerüchteweise laufen aber bereits die ersten Versuche mit Bier-Direktinfusionen …

Philipp Hell